Autor Dipl-Ing. Bonka Roustcheva
Agile Methoden- ist es Zeit für etwas Neues?
Das Durchsetzen von Standards und deren massenhafte Anwendung ist mit der Zeit in immer kürzeren Zeitabschnitten vollzogen worden. Vor genau 15 Jahren, in 2001 in Utah, haben 17 Software-Spezialisten das Agile Manifesto formuliert und unterzeichnet. Die Agilisten waren auf der Suche nach Lösungen für die neuen oder immer wachsenden Problemen in der Software-Entwicklung: In unserem schnelllebigen und software-gesteuerten (software driven) Zeitalter von Internet, von neuen Technologien und deren schnellen Weiterentwicklung (ca. 3 Jahren-Zyklus), sind viele der Standard Vorgehensweisen an Ihre Grenzen gestoßen. Auch wenn einige der Problemen und Herausforderungen gelöst zu sein scheinen, hat die agile Bewegung, und Scrum als die am meisten verbreitete agile Methode, auch ihre Limits erreicht oder hat sogar neue Probleme generiert.
In diesem Artikel werden wir uns einer kurzen Liste der „größten“ dieser Herausforderungen widmen, zu denen es noch keine überzeugenden Lösungsansätze von den führenden agilen Methodologien gibt. Die Antwort auf die Frage, ob Agile FÜR SIE „ausgedient“ hat und SIE bereits etwas Neues brauchen, bleibt aber letztendlich im Ermessen des Lesers!
Agile hat es geschafft
Zu den wichtigsten Errungenschaften von Scrum und der agilen Methoden im Allgemeinen dürfen wir ohne Zweifel die Folgenden zählen:
• Die Kürzung der Time-To-Market
• Die Berücksichtigung und Bearbeitung der sich noch schneller ändernden Software Anforderungen
• Die höhere Projekt/ Produkt Transparenz
• Die bessere Kommunikation und „Informiertheit“ der Beteiligten in einem Projekt
• (Man kann) zu genauerer Planung kommen
• (Man kann) zu besserer Qualität kommen
• (Man kann) zu besserem Endprodukt kommen
Das alles führt zur verbesserten Erfolg-Chancen von SW Projekten!
Trotz Agile, immer noch nicht gelöst
Auch wenn sich die Herausforderungen in der Software-Entwicklung ändern, gibt es einige der „alten“, zu denen Scrum und die restlichen agilen Methoden noch keine gute Lösungen anbieten und auch solche, die sie erst gebildet haben. Hier sind einige stichpunktenweise aufgelistet:
• Fehlender Fokus auf Software-Architektur
• Fehlende Definitionen von wichtigen Begriffen aus den Agilen Principles z.B. „Selbst-Organisierendes Team“.
• Die Vorhersehbarkeit / predictibility in Projekten ist schlechter geworden
• Der Widerwille des Kunden zur ständigen Mitarbeit
• Der Kunde hat Schwierigkeiten mit seiner Rolle und Aufgaben, wenn er denn doch dabei ist und ständig mitarbeitet
• Continous improvement ohne Strategie und genauere Planung, da von jedem Team kommend ist schwierig auf Unternehmensebene
• Die Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen im Unternehmen, die nicht agile-affine sind oder sein wollen
• Die Skalierung der Scrum Methodologie in großen Unternehmen und bei größeren Projekten.
Hier gehört die sehr enge Kundenbindung, die vom Scrum als unbedingt notwendig zum Erfolg gesehen wird, zu den „selbstgemachten“ Problemen.
Wenn nicht Agile - was dann?
Sollte man wieder zu Wasserfall zurück, wenn Agile nicht alle Probleme lösen kann? Hier ist die Antwort eindeutig: NEIN! Man muss vorwärts gehen! Alle, die es noch nicht ausprobiert haben, sollten vielleicht nicht die radikale Umstellung unternehmen, aber sich bestimmt einige der guten Praktiken abschauen und nach Bedarf implementieren.
Eine der Wichtigsten ist die Vermeidung von Ballast und Verschwendung- Ressourcen, Materialien, Prozesse und Dokumentation. Also kann man Lean Development als der nächste Schritt in die richtige Richtung definieren!
Beide Konzepte, „Lean“ und „Agile“, sind entstanden mit dem Ziel Mehrwert zum Business zu erschaffen. Der Unterschied besteht in der Ebene, in der diese Aufgabe gelöst wird. Bei den agilen Methoden ist es das Team, bei der lean Variante, setzt man das gesamte Unternehmen als Verantwortlich für die Business-Mehrwert-Lieferung.
Somit sind Lean und Agile sehr, sehr ähnlich und eng miteinander verbunden. Wenn ein Unternehmen lean ist, ist es auch agil, und wenn man agil arbeitet, muss man auch die Organisation lean / flachstrukturiert gestalten!
Mary und Tom Poppendieck haben sich von der „erfolgreichsten“ zu der damaligen Zeit Industrie einige Schlüßelerkenntnisse und Vorgehensweisen „abgeguckt“ und folgende Grund-Prinzipien definiert:
1. Eliminate waste / Verschwendung eliminieren
2. Amplify learning / Lernen verstärken
3. Decide as late as possible / So spät, wie möglich entscheiden
4. Deliver as fast as possible / So schnell, wie möglich liefern
5. Empower the team / Team ermächtigen
6. Build integrity in / Integrität einbauen
7. See the whole / Systemdenken entwickeln
Das Wesentliche im Überblick:
Die agilen Methodologien, und Scrum als die „übliche“, haben trotz der Bemühungen von vielen klugen Menschen es immer noch nicht geschafft die Probleme und Einschränkungen / limitations komplett zu lösen.
Eine Rückkehr zu Wasserfall wäre keine gute Perspektive, da die Agilität einige sehr gute Beiträge und Lösungen bietet.
Für viele Unternehmen kann der nächste Schritt zur Perfektion das LEAN DEVELOPMENT sein.
Ganz sicher ist aber, dass unsere Reise auch nach Lean Development weiter gehen wird und unser Weg nicht immer eben, gerade und breit sein wird!
Über die Autorin:
Die THINK π GROUP unterstützt Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Prozesse und bei der Implementierung von Lean Management.
Dipl.-Ing. B.Roustcheva verfügt über mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der kontinuierlichen Verbesserung und bietet durchgängige Prozessberatung an – vom Konzept bis zur Implementierung. Durch Workshops, Coaching und Interims Management lernen die Kunden Verschwendung zu erkennen, möglichst schlanke und flexible Prozesse zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit zu gestalten und ihre Wertschöpfungskette zu verbessern.
PEOPLE - PROCESS – PERFORMANCE
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